Regie: Edmund Goulding
Menschen kommen, Menschen gehen...
Berlin in den goldenen 20er Jahren: 1929 schrieb Vicki Baum über diese
Zeit ihren berühmten Roman "Menschen im Hotel", der sehr bald im Theater
am Nollendorfplatz in Berlin als Stück uraufgeführt wird. Der Erfolg
stellte sich auch international ein und die Schriftstellerin nahm 1931
die Einladung aus Hollywood an, die den Stoff als "Grand Hotel" unter
der Regie von Edmund Goulding (Auf Messers Schneide, Die alte Jungfer,
Anna Karenina, Opfer einer großen Liebe) verfilmen wollte. Ein
Staraufgebot sorgte auch für den Erfolg im Kino, denn Greta Garbo, Joan
Crawford, Wallace Beery und John Barrymore standen auf der
Besetzungsliste. Der Film wurde dann 1932 gedreht und kostete etwa
700.000 Dollar. An der Kinokasse wurde er zum großten Kassenhit des
Jahres. Er spielte die damals extrem hohe Summe von 1.24 Millionen
US-Dollar ein und konnte weltweit weitere 1.4 Millionen Dollar
einspielen, auch die Kritik war begeistert, denn bei der Oscarverleihung
1932 wurde der Film mit dem Hauptpreis "Bester Film des Jahres"
ausgezeichnet. In Deutschland kam es kurze Zeit später durch die
Machtergreifung der NSDAP zu Bücherverbrennungen, auch Vicki Baums
Bücher wurden verbrannt. An der Universität Rostock wurden ihre Werke am
5. Mai 1933 an einem "Schandpfahl" angebracht. Die Schriftstellerin
blieb in Amerika.
"Menschen im Hotel" zeigt vereinsamte, seelisch deformierte und physisch
kranke Menschen - aber auch Menschen mit Abgründen hinter ihrer
bürgerlichen Fassade. Im schnellen Betrieb dieses Grand Hotels zeigt
sich eindrücklich die anonyme Massengesellschaft des 20. Jahrunderts.
Opfer ist das Individuum - der einsame Mensch inmitten dem Verfall
bürgerlicher Werte. Dr. Otternschlag (Lewis Stone) ist einer dieser
Gäste, er wohnt schon sehr lange in diesem Hotel und kommentiert das
hektische Treiben im Foyer mit den Worten "Menschen kommen, Menschen
gehen, nie passiert etwas". Das gilt aber eher für die Schnellebigkeit
der Zeit und den steten Wechsel an Gästen. Alles was diese Menschen
erleben, wird schnell vergessen und verblassen. Aber in der
Momentaufnahme, die im Film gezeigt wird, werden sie für einen kurzen
Moment lebendig...diese Menschen, die nach ihrer Abreise schon wieder
vergessen sind, aber mit ihren Nöten, Sehnsüchten für einen Moment
Mittelpunkt an diesem Ort waren. Es siind einfache Menschen im Hotel,
aber auch Berühmtheiten wie die große, alternde Ballettänzerin
Grusinskaya (Greta Garbo), die bereits in den ersten Szenen - obwohl sie
gar nicht präsent ist und auf ihrem Zimmer ist - das gesamte Personal
auf Trab zu halten scheint. "Der Wagen von Madame Grusinskaya soll jetzt
vorfahren"...dann eine Minute später "Madame Grusinskaya wird nicht zur
Vorstellung fahren, sie ist unpässlich". Die Frau bringt mit ihrer
labilen und hysterischen Art nicht nur die Hotelmannschaft, sondern auch
ihre ganze Crew in Aufruhr. Die Frau leidet unter Depressionen, sie
wird mit ihrem verblassenden Ruhm und ihrer Einsamkeit nicht fertig.
Ebenfalls ein beliebter Hotelgast ist der Adlige Baron Gaigern (John
Barrymore), der aber ein gefährliches Doppelleben führt. Er ist verarmt
und muss sich seine Brötchen als Fassadenkletterer, Trickbetrüger und
Dieb verdienen. Momentan heckt er einen Plan aus, wie er die Juwelen der
Grusinskaya stehen kann. Auch Herr Kringelein (Lionel Barrymore) hat
sich in das noble Hotel einquartiert. Er gehört zur unteren Schicht, hat
aber vom Arzt erfahren, dass er nicht mehr lange leben wird. Diese
Nachricht brachte ihn dazu dieses Hotel zu wählen. In einem luxuriös
ausgestatteten Zimmer will er seinem Arbeitgeber Herr Generaldirektor
Preiysing (Wallace Beery) gleichtun, der ebenfalls Hotelgast ist. Doch
er braucht einige Energien an der Rezeption, dass er ein solches Zimmer
auch bekommt, denn mit seinem Auftreten und Aussehen enspricht er nicht
den Gästen dieses Luxushotels. Er macht Bekanntschaft mit Dr.
Otternschlag und mti dem Baron, die sich nett um den Todkranken kümmern,
der es noch einmal richtig krachen lassen will. Preysing ist zu
Verhandlungen nach Berlin gereist, die lebensnotwendig für die weitere
Existenz seiner Firma sind. Er will eine Fusion mit einer anderen Firma
erreichen, doch die gibts nur, wenn ein englisches Unternehmen mit ins
Boot kommt. Er engagiert die Stenotypistin Flamm (Joan Crawford), die er
sehr attraktiv findet und der er dann auch noch über den Schriftverkehr
hinaus ein lukrativeres Angebot machen wird. Alle diese Schicksale
treffen sich in dieser Nacht im Hotel. Es wird die große Liebe
vorbeischauen, aber desweiteren auch einen Toten geben...
Dies alles ist sehr filmisch sehr edel inszeniert und selbst wenn Greta
Garbo den einen oder anderen Overacting-Anflug hat, der zwar zu ihrer
Rolle passt, aber dennoch etwas künstlich aus heutiger Sicht gespielt
ist. Sie hat auch die schönsten Momente in diesem Fall. Die beste szene
des Films ist die wie sie versonnen und verspielt in ihrem Tüllrock auf
dem Boden sitzt, total gedankenverloren. Ihr Gemütsverfassung pendelt
hin und her zwischen Nachdenklichkeit, Rückzug, Begeisterung und
Kindlichkeit. Darüberhinaus schwelgt sie in der Vergangenheit, ein Indiz
dafür, dass sie mit ihrem Alter nicht mehr zurecht kommt. Mit Joan
Crawford gibt es gleich noch eine zweite Leinwandgöttin als Bonus dazu.
Es machte den Machern Sorgen zwei Diven für den gleichen Film zu
verpflichten, aber das Ergebnis ist klasse. Die Crawford kann sich
zurücknehmen und setzt dennoch markante Akzente mit ihrer Figur einer
jungen Stenotypistin, auf die die Männer abfahren. Im Verlauf der
Filmhandlung darf dann die Garbo den berühmten Filmsatz "Ich will allein
sein" sagen. Sie ist einfach wunderschön in diesem Film eingefangen.
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