Dienstag, 14. November 2017

Menschen im Hotel







































Regie: Edmund Goulding

Menschen kommen, Menschen gehen...

Berlin in den goldenen 20er Jahren: 1929 schrieb Vicki Baum über diese Zeit ihren berühmten Roman "Menschen im Hotel", der sehr bald im Theater am Nollendorfplatz in Berlin als Stück uraufgeführt wird. Der Erfolg stellte sich auch international ein und die Schriftstellerin nahm 1931 die Einladung aus Hollywood an, die den Stoff als "Grand Hotel" unter der Regie von Edmund Goulding (Auf Messers Schneide, Die alte Jungfer, Anna Karenina, Opfer einer großen Liebe) verfilmen wollte. Ein Staraufgebot sorgte auch für den Erfolg im Kino, denn Greta Garbo, Joan Crawford, Wallace Beery und John Barrymore standen auf der Besetzungsliste. Der Film wurde dann 1932 gedreht und kostete etwa 700.000 Dollar. An der Kinokasse wurde er zum großten Kassenhit des Jahres. Er spielte die damals extrem hohe Summe von 1.24 Millionen US-Dollar ein und konnte weltweit weitere 1.4 Millionen Dollar einspielen, auch die Kritik war begeistert, denn bei der Oscarverleihung 1932 wurde der Film mit dem Hauptpreis "Bester Film des Jahres" ausgezeichnet. In Deutschland kam es kurze Zeit später durch die Machtergreifung der NSDAP zu Bücherverbrennungen, auch Vicki Baums Bücher wurden verbrannt. An der Universität Rostock wurden ihre Werke am 5. Mai 1933 an einem "Schandpfahl" angebracht. Die Schriftstellerin blieb in Amerika.
"Menschen im Hotel" zeigt vereinsamte, seelisch deformierte und physisch kranke Menschen - aber auch Menschen mit Abgründen hinter ihrer bürgerlichen Fassade. Im schnellen Betrieb dieses Grand Hotels zeigt sich eindrücklich die anonyme Massengesellschaft des 20. Jahrunderts. Opfer ist das Individuum - der einsame Mensch inmitten dem Verfall bürgerlicher Werte. Dr. Otternschlag (Lewis Stone) ist einer dieser Gäste, er wohnt schon sehr lange in diesem Hotel und kommentiert das hektische Treiben im Foyer mit den Worten "Menschen kommen, Menschen gehen, nie passiert etwas". Das gilt aber eher für die Schnellebigkeit der Zeit und den steten Wechsel an Gästen. Alles was diese Menschen erleben, wird schnell vergessen und verblassen. Aber in der Momentaufnahme, die im Film gezeigt wird, werden sie für einen kurzen Moment lebendig...diese Menschen, die nach ihrer Abreise schon wieder vergessen sind, aber mit ihren Nöten, Sehnsüchten für einen Moment Mittelpunkt an diesem Ort waren. Es siind einfache Menschen im Hotel, aber auch Berühmtheiten wie die große, alternde Ballettänzerin Grusinskaya (Greta Garbo), die bereits in den ersten Szenen - obwohl sie gar nicht präsent ist und auf ihrem Zimmer ist - das gesamte Personal auf Trab zu halten scheint. "Der Wagen von Madame Grusinskaya soll jetzt vorfahren"...dann eine Minute später "Madame Grusinskaya wird nicht zur Vorstellung fahren, sie ist unpässlich". Die Frau bringt mit ihrer labilen und hysterischen Art nicht nur die Hotelmannschaft, sondern auch ihre ganze Crew in Aufruhr. Die Frau leidet unter Depressionen, sie wird mit ihrem verblassenden Ruhm und ihrer Einsamkeit nicht fertig.
Ebenfalls ein beliebter Hotelgast ist der Adlige Baron Gaigern (John Barrymore), der aber ein gefährliches Doppelleben führt. Er ist verarmt und muss sich seine Brötchen als Fassadenkletterer, Trickbetrüger und Dieb verdienen. Momentan heckt er einen Plan aus, wie er die Juwelen der Grusinskaya stehen kann. Auch Herr Kringelein (Lionel Barrymore) hat sich in das noble Hotel einquartiert. Er gehört zur unteren Schicht, hat aber vom  Arzt erfahren, dass er nicht mehr lange leben wird. Diese Nachricht brachte ihn dazu dieses Hotel zu wählen. In einem luxuriös ausgestatteten Zimmer will er seinem Arbeitgeber Herr Generaldirektor Preiysing (Wallace Beery) gleichtun, der ebenfalls Hotelgast ist. Doch er braucht einige Energien an der Rezeption, dass er ein solches Zimmer auch bekommt, denn mit seinem Auftreten und Aussehen enspricht er nicht den Gästen dieses Luxushotels. Er macht Bekanntschaft mit Dr. Otternschlag und mti dem Baron, die sich nett um den Todkranken kümmern, der es noch einmal richtig krachen lassen will. Preysing ist zu Verhandlungen nach Berlin gereist, die lebensnotwendig für die weitere Existenz seiner Firma sind. Er will eine Fusion mit einer anderen Firma erreichen, doch die gibts nur, wenn ein englisches Unternehmen mit ins Boot kommt. Er engagiert die Stenotypistin Flamm (Joan Crawford), die er sehr attraktiv findet und der er dann auch noch über den Schriftverkehr hinaus ein lukrativeres Angebot machen wird. Alle diese Schicksale treffen sich in dieser Nacht im Hotel. Es wird die große Liebe vorbeischauen, aber desweiteren auch  einen Toten geben...



 Dies alles ist sehr filmisch sehr edel inszeniert und selbst wenn Greta Garbo den einen oder anderen Overacting-Anflug hat, der zwar zu ihrer Rolle passt, aber dennoch etwas künstlich aus heutiger Sicht gespielt ist. Sie hat auch die schönsten Momente in diesem Fall. Die beste szene des Films ist die wie sie versonnen und verspielt in ihrem Tüllrock auf dem Boden sitzt, total gedankenverloren. Ihr Gemütsverfassung pendelt hin und her zwischen Nachdenklichkeit, Rückzug, Begeisterung und Kindlichkeit. Darüberhinaus schwelgt sie in der Vergangenheit, ein Indiz dafür, dass sie mit ihrem Alter nicht mehr zurecht kommt. Mit Joan Crawford gibt es gleich noch eine zweite Leinwandgöttin als Bonus dazu. Es machte den Machern Sorgen zwei Diven für den gleichen Film zu verpflichten, aber das Ergebnis ist klasse. Die Crawford kann sich zurücknehmen und setzt dennoch markante Akzente mit ihrer Figur einer jungen Stenotypistin, auf die die Männer abfahren. Im Verlauf der Filmhandlung darf dann die Garbo den berühmten Filmsatz "Ich will allein sein" sagen. Sie ist einfach wunderschön in diesem Film eingefangen.



Bewertung: 8 von 10 Punkten.

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