Regie: Werner Herzog
Vom Sterben und der Unsterblichkeit...
Meistens scheitern Remakes von großen, ja überlebensgroßen Filmen
auf ganzer Linie. Und im Grunde war es ja auch ein Heranwagen an die
heilige Kuh als Werner Herzog sich Ende der 70er Jahre dazu entschied
eine Neuauflage des großartigen Murnau Klassikers "Nosferatu - Eine
Symphonie des Grauens" aus dem Jahr 1922 zu drehen. Doch die Zeit war
günstig. Gegen Ende der 70er Jahre hatte der neue Deutsche Film einen
seiner größten Höhepunkte zu verzeichnen - grandiose Filme wie "Die Ehe
der Maria Braun" oder "Die Blechtommel" sahnten auch international ab
und gaben den deutschen Film einen neuen exzellenten Weltruf. Auch
Herzogs gothische Horrorpoesie "Nosferatu" darf hier dazu gezählt werden
und dieses Trio komplettieren, diese Trias war zu ihrer Zeit das große
ultimative Aushängeschild des deutschen Films. Natürlich ist Murnaus
Film unerreicht, das wußte Werner Herzog auch. Er hat es allerdings
meiner Meinung nach sehr geschickt vermieden eine farbige Kopie des
Klassikers zu fabrizieren, auch wenn weite Teile seiner Version als
Hommage erkennbar sind. Es sind ähnlich pessimistische Bilder zu
verzeichnen - doch Herzogs düstere Bilde rüber Pest, Fäulnis und dem
allgegenwärtigen Sterben rufen sogar ein bisschen Apokalypse hervor.
Sein Szenario wirkt am Ende verstörend, atmosphärisch, unglaublich schön
und ebenso grauenerregend.
An der Geschichte wurde nicht
viel verändert: Sie spielt in Wismar des 19. Jahrhunderts. Dort lebt der
junge aufstrebende Häusermakler Jonathan Harker (Bruno Ganz) mit seiner
sehr sensiblen, beinahe zerbrechlichen Gattin Lucy (Isabelle Adjani),
die ihm das Teuerste auf der Welt ist. Daher verlässt er sie nur sehr
ungern und bricht eine Reise nach Transilvanien an, mit der ihn sein
Vorgesetzter Renfield (Roland Topor) beauftragt. Der Ritt mit dem Pferd
soll 4 Wochen dauern, im Osten Europas wartet dann in einem Schloß ein
gewisser Graf Dracula (Klaus Kinski), der vorhat in Wismar ein Haus zu
kaufen. Die Reise soll sich auch für Harker lukrativ lohnen, er könnte
seiner Lucy ein viel größeres Haus kaufen. So macht er sich auf den
beschwerlichen Weg. Am Borgo Pass angekommen, warnen ihn die Zigeuner
vor der Weiterreise in die sogenannte Schattenwelt, in die Welt des
Untoten - des Nosferatu. Doch Harker nimmt die Warnung nicht ernst. Zu
Fuß erreicht er das verfallene Schloß, wird Gast des Grafen, der sich
als als gequälte Seele zu erkennen gibt. Nichtsdestotrotz wird Harker in
den Nächten vom depressiven Blutsauger immer wieder in den Hals
gebissen. Der Graf schließt den Häuservertrag ab und eines Nachts sieht
Harker, dass der Vampir mit einigen Särgen das Schloß verlässt. Er
merkt, dass nun seine Lucy, vielleicht sogar ganz Wismar in großer
Gefahr steckt. Er muss ein Weg aus dem Schloß finden, aber der Graf
reist auf dem Seeweg und der dürfte nicht ganz so lange dauern. Harker
kommt einige Zeit sehr verändert in Wismar an, er erkennt nicht mal
seine geliebte Lucy. Auch Graf Dracula ist bereits vor Ort, in seinem
Gepäck eine Riesenanzahl von Ratten, die die Pest und somit den Tod in
die Stadt bringen...
Zwar ist Max Schreck viel erschreckender anzusehen als Klaus Kinski. Aber Kinskis Interpretation war so gut, dass er auch - völlig zu Recht - den deutschen Filmpreis zuerkannt bekam. Er ist dabei weniger der böse Killer, sondern ein Wesen, dass nur seinen Instinkten folgt und unsagbar einsam einer verlorenen Welt und einer verlorenen Liebe hinterhertrauert. Keine würde ihn - den Jäger - verstehen, nur die heulenden Wölfe, diese Kinder der Nacht, wie der traurige Vampir sie liebevoll nennt.
Zwar ist Max Schreck viel erschreckender anzusehen als Klaus Kinski. Aber Kinskis Interpretation war so gut, dass er auch - völlig zu Recht - den deutschen Filmpreis zuerkannt bekam. Er ist dabei weniger der böse Killer, sondern ein Wesen, dass nur seinen Instinkten folgt und unsagbar einsam einer verlorenen Welt und einer verlorenen Liebe hinterhertrauert. Keine würde ihn - den Jäger - verstehen, nur die heulenden Wölfe, diese Kinder der Nacht, wie der traurige Vampir sie liebevoll nennt.
So ist die Gestaltung der
Dracula Rolle in Herzogs Film ziemlich einzigartig - denn hier
bemitleidet der Zuschauer ein Wesen, dass von Einsamkeit und Isolation
geplagt ist und unter der Bürde dieser Unsterblichkeit extrem leidet.
Dieses Leid deutet sich schon im Vorspann des Films an, wo Herzogs
großartiger Kameramann Jörg Schmidt-Reitwein das Geschehen auf die
Nahaufnahmen von verfallenen Gesichtern mumifizierter Leichen legt -
einige davon haben vor Angst den Mund weit aufgerissen, bei den anderen
zieren Reste von einer Haarpracht das wächserne Fleisch. Es sieht alles
nach Entmenschlichung aus, die Zeit löscht alles unerbittlich aus. Das
Überleben aber ist genauso Alptraum, ein Kreis, aus dem es kein
Entkommen gibt. Die wunderschönen, morbiden Bilder sind schaurig
untermalt von Wagners "Rheingold", ergänzt werden diese klassischen
Themen durch die Gruppe Popol Vuh, die die gotische Machart von Herzogs
zweitbestem Film nach "Aguirre" zusätzlich unterstreicht. Die Ankunft
des Grafen in der Hansestadt wird zum Symbol für den großflächigen Tod
einer Gesellschaft. Der Totentanz dauert bis zum Hahnenschrei und
besiegt das Böse durch ein Opfer. Doch genauso wie in meinem
Lieblingsfilm, Polanskis Tanz der Vampire, ist das Böse schon wieder
geboren und verbreitet sich nun weiter in die Welt. Ein sehr starker und
sinnicher Film mit betörenden Bildern des Untergangs, der sich täglich
vollzieht.
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