Regie: Frank Capra
Welt hinter dem Horizont...
"In den Fesseln von Shangri La" aus dem Jahr 1937 ist sicherlich der
ungewöhnlichste Film von Regisseur Frank Capra, der zu dieser Zeit der
bestbezahlteste Regisseur Hollywoods war. Der Filmemacher skizzierte
sehr oft den kleinen Mann, der zu sozialen, politischen und
gesellschaftlichen Themen seiner Zeit durch sein Handeln Stellung bezog.
Doch der anfänglich 210 Minuten lange Phantasiefilm war irgendwie
anders. Der Film basierte auf dem utopischen Roman "Der verlorene
Horizont" von James Hilton und verschlang vor allem aufgrund der
aufwändigen Kulissen die damals hohe Summe von 1,5 Millionen Dollar" und
spielt in einem wunderschönen exotisch wie utopischen Tal im Himalaya.
Dort lässt Capra seine Protagonisten mit einem Flugzeug verunglücken.
Der Film wurde aufgrund der heftigen Kritik des Publikums bei der
Vorpremiere auf 132 Minuten verkürzt. Um die pazifistische Botschaft des
Films abzuschwächen, wurden für eine Neuauflage im Zweiten Weltkrieg
weitere 24 Minuten herausgeschnitten. Der Filmrestaurator Robert Gitt
hat über einen Zeitraum von 25 Jahren eine Anzahl von fehlenden
Filmszenen wieder einfügen können, indem er sich Filmmaterial auf der
ganzen Welt zusammensuchte. In der nun vorliegenden restaurierten
Fassung des Films dauert der Film wieder 132 Minuten. Allerdings sind 7
Minuten davon mit Standbildern und Frames des Films versehen, was leider
auch ein bisschen die Dynamik der Geschichte schwächt.
Im Original heißt der Film "Lost Horizon" - und kommt dem Szenario schon
sehr nahe. Denn die Figuren verlieren sich in der Grenzlinie zwischen
der sichtbaren Erde und dem Himmel. In diesem begrenzenden Kreis
herrscht tiefer Frieden unter den Menschen. Es gibt weder Krieg noch
Hass. Beinahe eine perfekte Welt. Doch auch diese Welt hat Tücken, denn
was manchen Menschen begeistert, ist für den Anderen eine Art
Gefangenschaft, eine Fessel von der er sich befreien will.
Die Geschichte beginnt im Jahr 1935. Es ist eine Zeit des aufkommenden
Säbelrasseln. In Europa kommt der Faschismus an die Macht. Auch in
Fernost brodelt es. Robert Conway (Ronald Conway), der Schriftsteller,
Soldat und Diplomat, der als kommender Außenminister des Vereinigten
Königreichs gehandelt wird, hat die schwierige Aufgabe 90 Menschen aus
Europa aus der chinesischen Stadt Baskul zu retten. Flugzeuge holen die
Menschen von diesen Krisenherd ab. Er selbst fliegt dann mit der letzten
Maschine aus - mit an Bord sind sein Bruder (John Howard), der
Geschäftsmann Henry Barnard (Thomas Mitchell), der Paläontologe
Alexander Lovett (Edward Everett Logan) und der schwer kranken Blondine
Gloria Stone (Isabel Jewell). Unbemerkt von den Passagieren hat sich ein
neuer Pilot der Maschine bemächtigt und fliegt nach einem Stopp mit
Auftanken weit in das Gebiet des Himalaya. Als der Treibstoff ausgeht,
stürzt die Maschine ab. Der fremde Pilot stirbt dabei, die Passagiere
kommen mit dem Schrecken davon. Sie müssen sich aber damit abfinden,
dass sie in diesem entlegenen Teil der Welt, mitten im unwegsamen
Gebirge, nicht gefunden werden können und damit ebenfalls sterben
werden. Doch wie durch ein Wunder werden die fünf von einer Gruppe
Sherpas gefunden. Darunter ist auch ein Chinese namens Chang (H.B.Warner
-oscar nominiert als bester Nebendarsteller), der englisch spricht. Die
Gruppe führt sie nach Shangri La, einem idyllischen Tal, das von der
bitteren Kälte geschützt liegt und wo nur zufriedene Bewohner leben.
Dieses seltsame Paradies, das irgendwie unwirklich wirkt, wird von einem
mysteriösen alten Mann, dem Hohen Lama (Sam jaffe) geführt. Diese neue
schöne Welt wirkt faszinierend, aber vor allem Robert Conways jüngerer
Bruder George empfindet den Aufenthalt wie ein Gefängnis, zumal Chang
ihnen sagte, dass diese Welt so abgeschnitten von der normalen Welt sei,
dass es auch keine Expedition gibt, die die Notgelandeten in die
Zivilisation zurückbringt. Robert verliebt sich in die Einheimische
Sondra (Jane Wyatt) und lernt den Hohen Lama persönlich kennen. Er
findet heraus, dass der Lama der seit 1713 verschollene Missionar
Perrault und damit 250 Jahre alt sein muss. Mit der Einheimischen Maria
(Margo) plant George die Flucht, in letzter Sekunde kann er auch seinen
schankenden Bruder überreden den Weg zurück antreten. Doch dieser ist
voller Gefahren und fordert Opfer....
Der Film hat einen großartigen Anfang und erweist sich als furiosen
Phantasiespektakel auf dem Höhepunkt. Dabei ist der Aufenthalt in dieser
Welt, die auch als Jungbrunnen fungiert vielleicht etwas zu lang
geraten. Auch die Dialoge sind hier teilweise sehr sentimental und auch
mich als zuschauer beschleicht ein sonderbares Gefühl, ganz schnell
wieder in die böse Zivilistation zu gelangen, bei soviel steriler und
aufgesetzter Güte. Einige Regeln des Zusammenlebens werden in den
Dialogen erörtert und machen etwas Sorge, wie das überhaupt
funktionieren kann. Doch wir wohnen ja auch einem Märchen bei, dass den
zeichen der Zeit (1936) geschuldet ist. Immerhin sind in dieser Zeit
schon Vorboten da, die den kommenden Weltkrieg ankündigen. Somit ist
dieser Teil des Films etwas veraltet. Die verschwenderisch teuren
Kulissen inmitten der Bergwelt sind aber heute noch echte Hingucker. Das
imposante Kloster wurde von 150 Arbeitern innert von 2 Monaten auf der
Columbia Burbank Ranch erbaut. Die Szenen in den eingeschneiten
tibetischen Bergen drehte Capra im Kühlhaus. Beim Kinostart wurde Capras
Film dann doch zum Erfolg. Das zeitgenössische Publikum liebte die
Geschichte, die die Figuren in eine bessere Welt führt und auch die
Academy ließ sich mit 7 Nominierungen nicht lumpen. Zwei davon konnte
der Film gewinnen: Beste Ausstattung und bester Schnitt.
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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