Montag, 25. September 2017

Eyes wide Shut






Regie: Stanley Kubrick

Traumhafte Weihnachtstage...

Mit Dmitri Shostakovichs Walzer Nr. 2 eröffnete Stanley Kubrick 1999 seine eigenwillige Version von Arthur Schnitzlers "Traumnovelle". Nur wenige Tage nach Fertigstellung dieses letzten Filmes "Eyes wide Shut" verstarb der Ausnahmeregisseur im Alter von 71 Jahren  an den Folgen eines Herzinfarkts. Der Film ist ein Vermächtnis von Kubrikc und war bei seinem Erscheinen ein Riesenerfolg an der Kasse (was vermutlich auch an den Hauptdarstellern Tom Cruise und Nicole Kidman lag), aber war bei der Kritik extrem umstritten und ist es bis heute geblieben. Für mich hat er mit diesem letzten Film aber sogar eine seiner besten Arbeiten überhaupt vorgelegt. Dieser etwas andere Weihnachtsfilm ist voll von faszinierenden Geheimnissen und Sequenzen. Er zeigt seine Hauptfigur auf einer fesselnden und gefährlichen Odyssee durch die Weihnachtstage. Dabei verschwimmt die Realität irgendwann und der Protagonist fühlt sich in einem bizarren Alptraum, der nur noch schwer abzuschütteln ist. Und dennoch erlebt er alles in einer kurzen Momentaufnahme seines Lebens. Es geht um den New Yorker Arzt Bill Harford (Tom Cruise), der mit seiner attraktiven Frau Alice (Nicole Kidman) die Weihnachtsparty von Victor Ziegler (Sidney Pollack), einem Freund besucht. Dabei wird glech heftig geflirtet. Zwei Models weichen nicht von der Seite des Arztes, auch seine Gattin hat einen attraktiven Tanzpartner (Sky Dumont), der sich mit seiner Tanzpartnerin am liebsten schnell nach oben, in eines der vielen Zimmer des Hauses, verdrücken würde. Dorthin hat es auch Ziegler verschlagen, doch dessen Bekanntschaft Mandy (Julienne Davies), mit der er gerade Sex hatte, hat eine Überdosis Drogen erwischt und ist kaum noch ansprechbar. Dank der ärztlichen Hilfe kann die Situation aber gerettet werden. Wieder zuhause geraten Bill und Alice in einen Streit, Grund dafür sind die offenen Geständnisse der Frau, die beim letzten Sommerurlaub an einen Marineoffizier denken musste und die Begierde nach diesem fremden Mann nicht mehr loswerden konnte. Der in Gedanken vollzogene Ehebruch ließ sie nicht mehr los, sie hätte sowohl Mann als auch ihr Kind dafür verlassen. In der Folge besucht Bill zuerst das Haus eines gerade verstorbenen Freundes und Patienten, danach irrt er durch das weihnachtliche New York. Er gerät beinahe in eine Schlägerei mit betrunkenen Jugendlichen und wird von der Prostituierten Domino (Vinessa Shaw) angesprochen. Danach trifft er in einem Jazzclub den früheren Freund Nick Nightingale (Todd Field), der seine Brötchen als Pianist verdient. Dieser erzählt ihm von einem ausserordentlichen Engagement bei einem sehr einflussreichen Auftragsgeber. Dort hat es lauter attraktive Frauen und es wartet Sex in Hülle und Fülle. Mit dem Losungswort "Fidelio" setzt sich Bill ins Taxi und fährt maskiert - das ist Pflicht - zu diesem ominösen Ort. In diesem Schloß angekommen wird Bill Zeuge einer obskuren Zeremonie, bei der alle Teilnehmer venezianische Masken tragen und in deren Verlauf eine sexuelle Orgie startet. Doch von eine der maskierten Frauen wird er als Fremdkörper erkannt und gewarnt so schnell wie möglich dieses für ihn gefahrvollen Ort zu verlassen....




Die Maskenballszene ist für mich eine der imponierendsten Sequenzen der 90er Jahre. Sie wirkt satanisch und man wird irgendwie an Polanskis Rosemarys Baby erinnert, der ebenfalls reiche Bürger als Satansanhänger präsentierte. Auch hier unter der Maske vermutet man richtigerweise die High Society von New York. Eine gewisse religiöse Komponente kommt hinzu, die von der meditativen Filmmusik unterstrichen wird. Bei der Zeremonie sind rückwärts abgespielte lateinische Mönchsgesänge zu hören, die Orgien werden von Hindugesängen begleitet. Die Optik der Orgie soll durch den mittleren Teil des Garten der Lüste von Hiermonymus Bosch beeinflusst worden sein. Während alle anderen Räume im Film mit diesen kitschigen Neon-Weihnachtsbäumen ausgestattet sind, fehlen diese christlichen Symbole in diesem großen Schloß völlig. Der Inszenierungsstil der Orgie selbst erinnert an die Zeitlupenoptik aus Kubricks "Uhrwerk Orange". Die Anonymisierung der Maskierten wirkt im hohen Maße bedrohlich und Bills Maske kommt auch nach der gefährlichen Stippvisite eines Rituals weiter zum Einsatz. Möglicherweise als Symbol für verborgene Absichten und Sehnsüchte. Sie scheint von Bill Besitz ergriffen zu haben, denn auch seine Mimik wirkt zunehmend maskenhaft und es ist schwer seine wahren Emotionen aus seinem Gesicht abzulesen. Der Film wirkt bei jeder neuen Sichtung besser und inzwischen ist "Eyes wide Shut" für mich einer der ganz großen Filme der 90er Jahre, vielleicht sogar der beste überhaupt.





Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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