Regie: Jiri Menzel
Liebe nach Fahrplan...
"Eine gute Komödie sollte von ernsten Dingen handeln. Wenn man zu
ernsthaft über Ernstes redet, macht man sich lächerlich" hat der
tschechische Filmemacher 2008 in einem Interview gesagt.
Er hat oft die literarischen Vorlagen seines Landsmanns Bohumil Hrabal
verfilmt - nach der Niederschlagung des Prager Frühlings wurde auch
seine Verfilmung von Hrabals "Lerchen am Faden" verboten. 1970 wurde der
Regisseur, der als einer der wichtigsten Vertreter der
tschechoslowakischen Nouvelle Vague gilt, mit einem Berufsverbot beim
Film belegt. Sein bekanntester Film ist sicherlich "Scharf beobachtete
Züge" (Original: Ostře sledované
vlaky) aus dem Jahr 1966, denn für diese Tragikomödie konnte er sogar
den Oscar als bester ausländischer Film gewinnen.
Mit diesem kleinen und sehr bescheiden
wirkenden Film gelang ihm tatsächlich ein Meisterwerk dieser Dekade,
das auch heute noch nichts von seiner großen Wirkung verloren hat.
Dabei erweist sich Menzel nicht nur
als "scharfer Beobachter" der Menschen, sondern hat einen ausgeprägten
Sinn für witzige Situationen, die er mit sehr viel Liebe zum Detail dem
Zuschauer präsentiert. Der große Charme, den der Film auch heute noch
ausstrahlt, ist die Finesse des Filmemachers für das Understatement.
Umso mehr wirkt die Geschichte.
Schauplatz der Handlung ist die tschechische Provinz in der späten Phase des 2. Weltkriegs.
Der junge Milos Hrma (Vaclav Neckar) lebt in einem kleinen Dorf irgendwo
in Böhmen und hat wie sein Vater eine Anstellung bei der Bahn bekommen.
Seine Mutter (Pavla Marvalkova) bewundert vor dem ersten Arbeitstag die
schicke Uniform ihres Jungen und ist mächtig stolz auf ihn. Er
natürlich auch und gleich der erste Tag als Bahnamtswärter gefällt dem
etwas unbeholfenen und schüchternen Jungen. Er merkt wie gemütlich es
ist. Es kommen jeden Tag ein paar Züge vorbei - das ist alles. Der
Stationsvorsteher (Vladimir Valenta) züchtet lieber Kaninchen und Gänse
und Fahrdienstleiter Hubicka (Josef Somr) ist ein Schürzenjäger, hat
offensichtlich viele Frauengeschichten und fragt den Youngster neugierig
aus, was der mit der hübschen Zugschaffnerin Masa (Jitka Bendova) so
alles anstellt - zu Milos Bedauern eigentlich gar nichts. Zu schüchtern
ist der Junge, obwohl Masa ihm ständig zu verstehen gibt, dass sie in
ihn verliebt ist. So bewundert er das selbstsichere Aufreten des
Kollegen bei den Frauen - der hat auch ein kleines Schäferstündchen mit
der jungen Zdenka (Jitka Zelenohorska). Da deren Mutter (Milada Jezkova)
davon erfährt gibts Ärger. Auch Milos erstes Mal mit Masa wird zum
Desaster. Bevor es dazu kommt, die Ejaculatio praecox schlägt
erbarmungslos zu...
Hört sich bis dahin wie humorige Anekdoten über die Probleme der kleinen Leute aus der Provinz an, doch wir sind im 2. Weltkrieg und die Tschechoslowakei steht unter der Besatzung der Deutschen. Es gibt aber einen Widerstand, der rein beiläufig in die Handlung platziert wird, aber auch dennoch Wirkungen hinterlässt. So wird Milos rein zufällig zum Widerstandskämpfer, nachdem er sicher ist, dass seine sexuellen Probleme gelöst sind. Und immer wieder macht sich dieser Krieg aber auf dem kleinen Bahnhof sichtbar....nicht nur mit explosiver Gewalt. Vorher sieht man müde deutsche Soldaten, denen man ansieht, dass der Krieg ein echtes Übel ist und die lieber zuhause wären. Auch der pro-deutsche Kollaborateur ist mehr ein Tor als ein echter Schurke. So erklärt er in einer Szene dem verdutzten Bahnpersonal die Rückzüge der deutschen Truppen an allen Fronten. Diese genialen taktischen Rückzüge von den Deutschen sind natürlich nichts anderes als eine Falle, in die der Feind hineintappt.
Hört sich bis dahin wie humorige Anekdoten über die Probleme der kleinen Leute aus der Provinz an, doch wir sind im 2. Weltkrieg und die Tschechoslowakei steht unter der Besatzung der Deutschen. Es gibt aber einen Widerstand, der rein beiläufig in die Handlung platziert wird, aber auch dennoch Wirkungen hinterlässt. So wird Milos rein zufällig zum Widerstandskämpfer, nachdem er sicher ist, dass seine sexuellen Probleme gelöst sind. Und immer wieder macht sich dieser Krieg aber auf dem kleinen Bahnhof sichtbar....nicht nur mit explosiver Gewalt. Vorher sieht man müde deutsche Soldaten, denen man ansieht, dass der Krieg ein echtes Übel ist und die lieber zuhause wären. Auch der pro-deutsche Kollaborateur ist mehr ein Tor als ein echter Schurke. So erklärt er in einer Szene dem verdutzten Bahnpersonal die Rückzüge der deutschen Truppen an allen Fronten. Diese genialen taktischen Rückzüge von den Deutschen sind natürlich nichts anderes als eine Falle, in die der Feind hineintappt.
Viele sehen in "Scharf beobachtete Züge" den Geist des braven Soldaten
Schweijk. Der Film verbindet in hervorragender Weise die Kömödie mit der
Tragödie - Farce, Satire und Erotik sind hineingemixt und das
Gesamtergebnis ist eine der besten Filme der 60er Jahre.
Man kann nur hoffen, dass noch weitere sehr gute osteuropäische Filme
wie "Asche und Diamant", "Das Geschäft in der Hauptstraße" oder "Die
Liebe einer Blondine" als deutsche DVD-Ausgabe folgen werden.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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