Dienstag, 26. September 2017

Der lange Weg nach Cardiff






Regie: John Ford

Immer unter fremden Sternen...

Zwischen 1937 und 1941 hatte der große John Ford eine seiner stärksten Schaffensphasen. In diesen vier Jahren entstanden Meisterwerke wie "Ringo", "So grün war mein Tal", "Der junge Mr. Lincoln" oder "Früchte des Zorns" - aber auch weniger bekannte und dennoch grandiose Klassiker wie "...dann kam der Orkan" und vor allem "Der lange Weg nach Cardiff".
Im Oscarjahr 1941 erhielt der heute leider stark in Vergessenheit geratene Abenteuerfilm dennoch sechs Oscar-Nominierungen als bester Film, als bestes adaptiertes Drehbuch (Dudley Nicols), für die beste Kamera (Gregg Toland), den bresten Schnitt (Sherman Todd) und für die visuellen Effekte.  Leider hat der Film keine Auszeichnung bekommen - aber für John Ford war es dennoch ein triumphaler Abend, denn für "Früchte des Zorns" bekam er seinen zweiten Regie-Oscar.
Die Geschichte spielt kurz nach Beginn des 2. Weltkrieges - die Mannschaft des Handelsfrachters Clencain liegt noch an irgendeinem Hafen in den Westindischen Inseln. Morgen soll es noch nach Baltimore gehen und dann endlich wieder in die Heimat England. Die Mannschaft hat viel Teamgeist und ist ein trinkfestes, buntes und lustiges Volk. Der Ire Driscoll (Thomas Mitchell), von allem "Drisk" genannt hat für die letzte Nacht eine Bootsladung mit Damen und Alkohol arrangiert - der Captain (Wilfried Lawson) hat dies erlaubt in dieser schwülen Nacht. Und das freut die Männer wie den Schweden Ole (John Wayne), der in seiner Heimat Bauer ist, aber bereits 10 Jahre auf See verbracht hat. Auch der etwas boshaft agierende Steward Cocky (Barry Fitzgerald), der nachdenkliche Donkeyman (Arthur Shields), der kernige Yank (Ward Bond) oder der stämmige Davis (Joseph Sawyer) sind von den Damen, die in ihren Obstkörben Rum anbieten mehr als begeistert. Nur der Engländer Smitty (Ian Hunter), ein schweigsamer Eigenbrötler, ist wenig angetan, dass das Schiff nach England zurückkehrt. Er wimmelt auch die temperamentvolle Bella (Raffaela Ottiano) ab, die ihm sichtlich Avancen macht. Zuviel Getränke - es artet wie so oft in eine muntere Keilerei aus, bis der Captain dem zügellosen Treiben ein Ende bereitet.
In Baltimore lädt das Schiff Sprengstoff ein, was den Matrosen zuerst gar nicht gefällt. Mit dieser hochexplosiven Fracht hocken sie auf einem Pulverfass, ausserdem wird das Schiff mit dieser Fracht an die Engländer ein potentielles Angriffsziel für deutsche U-Boote oder Flugzeuge. Die Heimfahrt birgt noch andere Gefahren. Als der Anker sich löst wird Yank bei dem Versuch wieder alles in Ordnung zu bringen, sehr schwer verletzt. Überraschend stirbt er wenige Stunden später, was seine Kameraden schwer belastet. Wenig später gerät der schweigsame Smitty in Verdacht ein deutscher Spion zu sein, doch die Wahrheit ist noch viel trauriger für die hartgesottenen Seemänner. Smitty hat seine Frau und die Kinder in England verlassen, weil er so schwer alkoholkrank ist. Als das Schiff endlich den Hafen von Cardiff ansteuert, wird der Frachter tatsächlich von deutschen Flugzeugen angegriffen. Smitty stirbt bei diesem Angriff. Die anderen wollen Ole auf jeden Fall zu einem schwedischen Schiff begleiten, denn er soll seine Mutter wieder sehen können und sie freuen sich für ihn, dass er der einzige sein wird, der nicht wieder hinaus auf See fahren muss. Doch im Hafengebiet von Cardiff lauert Gefahr. Die Amindra braucht noch Leute und da sie schlecht bezahlen, lösen sie ihr Personalproblem durchs Schanhaien. Die Seemänner werden in einer Kneipe mit Rum versorgt und leichte Mädchen wie Freda (Mildred Natwick) sollen die Männer zum Bleiben animieren. Das gewaltsame Rekrutieren gelingt mit dem Wirt und seinem Kompagnon. In die Falle gelockt wird der naive Ole so lange bearbeitet, bis er ein Getränk nimmt. Während seine Kumpels abgelenkt sind, wird er bewusstlos vom Schlafmittel, dass in sein Getränk gemischt wurde. Fast zu spät bermerken die Kameraden, was passiert ist. Sie können Ole befreien, doch Drisk bekommt einen Schlag auf den Kopf und bleibt auf der Amindra liegen, die dann ausläuft. Wenig später lesen die Männer, dass die Amindra torpediert und gesunken ist....



Für mich gehört diese eher unbekannte Klassiker zu den besten Filmen von John Ford. Die Seemannsgeschichten sind packend geschildert und haben sogar eine Menge poetischer Anteile. Es ist daher nicht schwer einige Ähnlichkeiten zu den französischen 30er Jahre Filmen des poetischen Realismus zu erkennen. Auf dem Schiff selbst hat Ford auf eine klaustrophobische Stimmung gesetzt. Die Szenen im Hafen sind düster und werden von Gregg Toland extrem atmosphärisch eingefangen. Der junge John Wayne ist in einer sehr untypischen Rolle als gutmütiger und ruhiger Matrose aus Schweden zu sehen. Für diese Rolle musste er extra Sprachunterricht nehmen, damit der schwedische Akzent authentisch ist.




Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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