Regie: John Ford
Immer unter fremden Sternen...
Zwischen 1937 und 1941 hatte der große John Ford eine seiner stärksten
Schaffensphasen. In diesen vier Jahren entstanden Meisterwerke wie
"Ringo", "So grün war mein Tal", "Der junge Mr. Lincoln" oder "Früchte
des Zorns" - aber auch weniger bekannte und dennoch grandiose Klassiker
wie "...dann kam der Orkan" und vor allem "Der lange Weg nach Cardiff".
Im Oscarjahr 1941 erhielt der heute leider stark in Vergessenheit
geratene Abenteuerfilm dennoch sechs Oscar-Nominierungen als bester
Film, als bestes adaptiertes Drehbuch (Dudley Nicols), für die beste
Kamera (Gregg Toland), den bresten Schnitt (Sherman Todd) und für die
visuellen Effekte. Leider hat der Film keine Auszeichnung bekommen -
aber für John Ford war es dennoch ein triumphaler Abend, denn für
"Früchte des Zorns" bekam er seinen zweiten Regie-Oscar.
Die Geschichte spielt kurz nach Beginn des 2. Weltkrieges - die
Mannschaft des Handelsfrachters Clencain liegt noch an irgendeinem Hafen
in den Westindischen Inseln. Morgen soll es noch nach Baltimore gehen
und dann endlich wieder in die Heimat England. Die Mannschaft hat viel
Teamgeist und ist ein trinkfestes, buntes und lustiges Volk. Der Ire
Driscoll (Thomas Mitchell), von allem "Drisk" genannt hat für die letzte
Nacht eine Bootsladung mit Damen und Alkohol arrangiert - der Captain
(Wilfried Lawson) hat dies erlaubt in dieser schwülen Nacht. Und das
freut die Männer wie den Schweden Ole (John Wayne), der in seiner Heimat
Bauer ist, aber bereits 10 Jahre auf See verbracht hat. Auch der etwas
boshaft agierende Steward Cocky (Barry Fitzgerald), der nachdenkliche
Donkeyman (Arthur Shields), der kernige Yank (Ward Bond) oder der
stämmige Davis (Joseph Sawyer) sind von den Damen, die in ihren
Obstkörben Rum anbieten mehr als begeistert. Nur der Engländer Smitty
(Ian Hunter), ein schweigsamer Eigenbrötler, ist wenig angetan, dass das
Schiff nach England zurückkehrt. Er wimmelt auch die temperamentvolle
Bella (Raffaela Ottiano) ab, die ihm sichtlich Avancen macht. Zuviel
Getränke - es artet wie so oft in eine muntere Keilerei aus, bis der
Captain dem zügellosen Treiben ein Ende bereitet.
In Baltimore lädt das Schiff Sprengstoff ein, was den Matrosen zuerst
gar nicht gefällt. Mit dieser hochexplosiven Fracht hocken sie auf einem
Pulverfass, ausserdem wird das Schiff mit dieser Fracht an die
Engländer ein potentielles Angriffsziel für deutsche U-Boote oder
Flugzeuge. Die Heimfahrt birgt noch andere Gefahren. Als der Anker sich
löst wird Yank bei dem Versuch wieder alles in Ordnung zu bringen, sehr
schwer verletzt. Überraschend stirbt er wenige Stunden später, was seine
Kameraden schwer belastet. Wenig später gerät der schweigsame Smitty in
Verdacht ein deutscher Spion zu sein, doch die Wahrheit ist noch viel
trauriger für die hartgesottenen Seemänner. Smitty hat seine Frau und
die Kinder in England verlassen, weil er so schwer alkoholkrank ist. Als
das Schiff endlich den Hafen von Cardiff ansteuert, wird der Frachter
tatsächlich von deutschen Flugzeugen angegriffen. Smitty stirbt bei
diesem Angriff. Die anderen wollen Ole auf jeden Fall zu einem
schwedischen Schiff begleiten, denn er soll seine Mutter wieder sehen
können und sie freuen sich für ihn, dass er der einzige sein wird, der
nicht wieder hinaus auf See fahren muss. Doch im Hafengebiet von Cardiff
lauert Gefahr. Die Amindra braucht noch Leute und da sie schlecht
bezahlen, lösen sie ihr Personalproblem durchs Schanhaien. Die Seemänner
werden in einer Kneipe mit Rum versorgt und leichte Mädchen wie Freda
(Mildred Natwick) sollen die Männer zum Bleiben animieren. Das
gewaltsame Rekrutieren gelingt mit dem Wirt und seinem Kompagnon. In die
Falle gelockt wird der naive Ole so lange bearbeitet, bis er ein
Getränk nimmt. Während seine Kumpels abgelenkt sind, wird er bewusstlos
vom Schlafmittel, dass in sein Getränk gemischt wurde. Fast zu spät
bermerken die Kameraden, was passiert ist. Sie können Ole befreien, doch
Drisk bekommt einen Schlag auf den Kopf und bleibt auf der Amindra
liegen, die dann ausläuft. Wenig später lesen die Männer, dass die
Amindra torpediert und gesunken ist....
Für mich gehört diese eher unbekannte Klassiker zu den besten Filmen von
John Ford. Die Seemannsgeschichten sind packend geschildert und haben
sogar eine Menge poetischer Anteile. Es ist daher nicht schwer einige
Ähnlichkeiten zu den französischen 30er Jahre Filmen des poetischen
Realismus zu erkennen. Auf dem Schiff selbst hat Ford auf eine
klaustrophobische Stimmung gesetzt. Die Szenen im Hafen sind düster und
werden von Gregg Toland extrem atmosphärisch eingefangen. Der junge John
Wayne ist in einer sehr untypischen Rolle als gutmütiger und ruhiger
Matrose aus Schweden zu sehen. Für diese Rolle musste er extra
Sprachunterricht nehmen, damit der schwedische Akzent authentisch ist.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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