Dienstag, 19. September 2017

Wer die Nachtigall stört







































Regie: Robert Mulligan

Maycomb, Alabama ist überall...

Der Roman "Wer die Nachtigall stört" von Harper Lee war neben "So grün war mein Tal" von Richard Llewelyn das Lieblingsbuch meiner Kindheit und Jugend. In beiden Fällen war auch die Verfilmung grandios. Im Jahre 1962 wurde "Wer die Nachtigall stört" von Alan J. Pakula für die Universal produziert. Pakula war in den 60er Jahren erfolgreicher Produzent, lange bevor er auch als Regisseur einen Namen machen konnte. Die Regie übernahm Robert Mulligan - der Film wurde ein riesiger Erfolg und wurde für 8 Oscars nominiert: Bester Film, Beste Regie, Bester Kameramann Russell Harlan, Beste Nebendarstellerin Mary Badham, Beste Musik Elmer Bernstein. In drei Kategorien kam es zum Sieg. So bekam Gregory Peck in der Rolle des Rechtsanwaltes Atticus Finch den Oscar als bester Hauptdarsteller. Auch das adaptierte Drehbuch von Horton Foote wurde ausgezeichnet und auch die beste Art Direction in schwarz-weiß war siegreich. Das American Film Institute wählte "Wer die Nachtigall stört" bei der Wahl der besten amerikanischen Filme auf Platz 25. In der Kategorie "Helden" belegte die Figur Atticus Finch den 1. Platz. Der geniale Filmscore von Elmer Bernstein wurde in der Kategorie "Beste Filmmusik aller Zeiten" auf Platz 17 gewählt.
Es ist aber auch eine wunderbare Geschichte, die in "Wer die Nachtigall stört" erzählt wird. Wobei es ja im Grunde zwei Geschichten sind, die sich im Laufe der Handlung kreuzen. Die eine Geschichte ist eine poetische und wehmütige Erzählung einer unbeschwerten Kindheit, der Zuschauer lernt die aufgeweckte 6 Jährige Jean Louise Finch (Mary Badham), genannt Scout, kennen, die mit ihrem 9jährigen Bruder Jem (Philip Alford) in Maycomb einer kleinen Stadt in Alambama aufwächst. Scout ist die Erzählerin dieser Geschichte, die im Jahr 1932 während eines extrem heißen Sommers und inmitten der Weltwirtschaftskrise beginnt. Die Kinder haben schon früh ihre Mom verloren und werden von ihrem Vater Atticus (Gregory Peck) erzogen. Den Haushalt macht die dunkelhäutige Calpurnia (Estelle Evans), während der Vater als Rechtsanwalt beim örtlichen Gericht arbeitet. In diesem Sommer lernen die beiden Kinder den 7jährigen Dill Harris (John Megna) kennen, der die Sommerferien bei seiner Tante Stephanie (Alice Ghostley) verbringt. Immer wieder machen sich die Kinder Gedanken über ihren Nachbarn Boo Radley (Robert Duvall), den sie noch nie zu Gesicht bekamen und von dem man die schlimmsten Horrorgeschichten im Ort erzählt. Er wäre geisteskrank, irre und hätte auch schon einmal seinem Vater (Richard Hale) ohne Grund eine Schere in den Fuß gerammt. Die Phantasie der Kinder ist daher mehr als angeregt. Es gilt als besondere Mutprobe so nah wie möglich an dieses Haus zu kommen. Als Held wird der gefeiert, der an der Tür des Radley Hauses anklopft - dies geling Jem auch einmal, dann suchen alle drei so schnell wie möglich das Weite. Es ist auch Jem, der immer wieder kleine Geschenke in einem Astloch eines Baumes nahe von Boo Radleys Haus findet und diese kleinen Habseligkeiten in einer kleinen Truhe verwahrt. Atticus ist den Kindern gleichzeitig Freund, Vertrauter, Lehrer und Autoritätsperson. Als Atticus im FAlle des schwarzen Farmarbeiters Tom Robinson (Brock Peters) als Pflichtverteidiger berufen wird, wird die schöne Kindheitsidylle auch mit dem alltäglichen Rassismus konfrontiert. Tom Robinson soll die weiße Mayella Ewell (Collin Wilcox) geschlagen und vergewaltigt haben. Obwohl es eher aussieht als wäre diese von ihrem aggressiven Vater Bo Ewell (James Anderson) grün und blau geschlagen worden, weil sie sich mit einem Farbigen einlassen wollte. Es ist eine Zeit, in der Schwarze nicht die gleichen Rechte wie die Weißen besitzen und vor Gericht sind wenig Chancen zu erwarten, dass die weiße Jury - bestehend aus armen Landarbeitern - einen schwarzen Mann glaubt. Bald beginnt der Prozess und danach auch das größte Abenteuer im Leben von Jem und Scout..




Ein perfekter Film, bei dem alles stimmt. Die Atmosphäre ist perfekt, man fühlt sich mittendrin in dieser Zeit und an genau diesem Ort. Erinnerungen an die eigene Kindheit werden wach. Dies liegt vor allem am grandiosen Spiel der jungen Darsteller. Und über allem die wunderbare Leistung von Gregory Peck - selten war ein Oscargewinn so verdient wie hier. Ein Film, der wie das Buch, für Toleranz und gegen Rassismus eintritt. Diese Geschichte hatte in der Zeit, in der sie spielt Sprengkraft und ebenso in der Zeit der Enstehung des Films. Rassenunruhen sollten folgen und endlich das gleiche Recht für alle Rassen. Dass dieses Thema auch heute noch - im Jahr 2016 - Gültigkeit hat, zeigen die neuen rassistischen Tendenzen in den USA. Proteste der Schwarzen Bevölkerung, weil sie das Gefühl haben, dass die Polizei sie nicht schützt, sondern wie Menschen zweiter Klasse und potentielle Verbrecher behandelt. So ist die Aussage in "Wer die Nachtigall stört" von bleibenden Intensität. Der spätere Oscarpreisträger Robert Duvall ist in seiner ersten Rolle zu sehen. Als Boo Radley mit weißem Haar zeigt er bereits sein großes Können.




Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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