Regie: John Ford
Legenden und Mythen des Wilden Westen...
"Der Mann, der Liberty Valance erschoß" von John Ford enstand 1962
- im gleichen Jahr wie Sam Peckinpahs "Sacramento" (Ride the High
Country). Beide Filme begründen den Spätwestern, denn die alten Zeiten
des Wilden Westens sind vorbei. Erhalten hat sich neben den müde
gewordenen Helden und vor allem ein wehmütiger Blick auf die
Vergangenheit. Denn die hat Legenden und Mythen erschaffen, die
irgendwann zu Wahrheiten wurden. John Ford stellt dieses Phänomen in
Frage und zeigt dem Zuschauer und macht den Mechanismus durchschaubar.
Doch statt einer Demontage ist es eine der schönsten Liebeserklärungen
für den Western, wenn das Bild des wegfahrenden Zuges, in den der Mann,
der Liberty Valance sitzt, den Schlußpunkt setzt.
Es ist Senator Ransom "Ranse" Stoddard (James Stewart) mit seiner
Frau Hallie (Vera Miles). Doch die Wahrheit ist anders: Ransoms Freund
Tom Doniphan (John Wayne), der gerade in der kleinen Grenzstadt Shinbone
beerdigt wurde, hat den Banditen Valance aus dem Hinterhalt erschossen.
Er kann dies begründen mit der höheren Gerechtigkeit und hat aber den
ungeschriebenen Ehrenkodex des Wilden Westens "Auge und Auge" gebrochen.
"Es war glatter Mord, aber ich kann damit gut leben" wird Doniphan
einmal in der Geschichte zu Stoddart sagen, der bisher annahm, dass er
tatsächlich mit viel Glück das ungleiche Duell gegen Liberty Valance auf
den Straßen von Shinbone für sich entschieden hat. Entschieden hat er
dadürch auch, dass er - der Anwalt - das Mädchen bekommt, dass auch
Doniphan liebte.
Aber die melancholische Geschichte fängt ganz anders und sehr hart
an. Und sie wird von Stoddard, inzwischen angsehener Senator im
Rückblick erzählt, denn der Chefredakteur der Lokalzeitung will um jeden
Preis wissen, warum der berühmte Politiker zu der Beerdigung des
unbekannten Tom Doniphan kommt. Und Stoddard fängt zu erzählen an: Als
junger Mann reist Ransom Stoddard in einer Postkutsche in Richtung
Westen. Er kommt von der Ostküste und will sich im Weiten Land
niederlassen. Doch die Reise endet in Shinbone, denn die Kutsche wird
von Liberty Valance (Lee Marvin) und seinen Männern (Lee van Cleef,
Strother Martin) überfallen. Als Stoddard eine Frau verteidigt, wird er
von dem Banditen beinahe zu Tode geschlagen. Schwerverletzt wird er von
Doniphan gefunden und dessen Freund Pompey (Woody Stroode) gefunden und
in die nächste Stadt Shinbone gebracht. Die junge Hallie (Vera Miles),
die im Wirtshaus von von Peter (John Qualen) und Nora Ericson (Jeanette
Nolan) arbeitet, kümmert sich um den Verletzten Mann. Eigentlich müsste
Sheriff Link Appleyard (Andy Devine) den Verbrecher verhaften, aber er
ist ein Hasenfuß und so werden die Banditen weiterhin in der Gegend ihr
Unwesen mit Raub und Schlägereien treiben können. Auch macht sich der
Herausgeber der Lokalzeitung Dutton Peabody (Edmond O´Brien) bei Liberty
unbeliebt, weil er unverfälscht über die Geschehnisse im Umkreis
berichtet. Über die Macht der Viehbarone und über deren Verstrickungen
zu den Banditen. Liberty Valance hat es ausserdem immer wieder auf
Stoddard abgesehen, er weiß genau, dass dieser mit seinen
Gesetzesbüchern keinen Stich gegen ihn - den großen Revolverhelden -
machen kann. Die Waffen der Gerechtigkeit und des geltenden Rechts
versagen, so stellt sich der schießunerfahrene Stoddard dennoch zum
ungleichen Duell. Der Bandit fällt tot zu Boden. Stoddard wird umjübelt -
er wurde Sieger im Duell und hat Liberty Valance besiegt. Eine Legende
wird geboren...
"Der Mann, der Liberty Valance erschoß" ist der vorletzte Western
des großen John Ford und für mich sein zweitbester nach "Der schwarze
Falke". An diesem Film stimmt alles - großen Anteil am Erfolg hatte
sicherlich das perfekt herausgearbeitete Drehbuch von James Warner
Beelah und Willis Goldbeck. Der Score von Cyril C. Mockridge und Alfred
Newman verströmt eine gewisse Sentimentalität, die aber sehr gut zum
Thema "Glorifizierung längst vergangener Zeiten" passt und etwas Wehmut
vermittelt. Ausserdem wie so oft eine großartige Leistung des
Kameramanns William H. Clothier, der hier wunderschöne schwarz-weiß
Bilder erschuf.
Getragen wird dieser herrliche klassiker aber von den
hervorragenden Schauspielerleistungen von John Wayne und James Stewart.
Die beiden Westerntitanen liefern hier ganz starke Rollen ab. Zudem sind
auch die Nebenrollen mit Vera Miles, Lee Marvin, Woody Stroode, Andy
Devine oder John Carradine perfekt besetzt.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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