Regie: Joel Coen
Dreifachmord in Brainerd...
Der große Gewinner der Oscarwahl 2007 war Anthony Minghellas
umstrittenes Epos "Der englische Patient" - er gewann 9 Oscars. Dieser
Trophäenregen ging leider auch zu Lasten der Coen Brothers, die mit
"Fargo" einen ihrer besten Filme im Oscarrennen hatten. Am Ende siegten
die Brüder für ihr Drehbuch und Hauptdarstellerin Frances McDormand war
so überzeugend, dass sie nicht übergangen werden konnte. Trotz großer
Konkurrenz, zu der auch Emily Watson für ihre phänomenale Leistung in
Lars von Triers "Breaking the Waves" gehörte.
Überzeugend ist "Fargo" vor allem auch durch seine winterliche
Location, die von Roger Deakins perfekt eingefangen wird. Auch die
melancholische Musik von Carter Burwell ist ein stimmungsvoller
Verstärker für eine eigentümliche Atmosphäre. Das Salz in der Suppe sind
aber die herrlich schrägen Figuren, die die beiden Brüder hier für ihre
Geschichte - nach wahren Begebenheiten - auffahren lassen.
"Fargo" ist auch ein Verliererepos in der Gestalt des 1.
Verkaufsleiters eines Autohauses in Minneapolis. Dieser Jerry Lundegaard
(William H. Macy) arbeitet im Winter des Jahres 1987 unglücklich in
seiner Position im Autohaus seines reichen Schwiegervaters Wade
Gustafson (Harve Presnell). Zu allem Unglück ist Jerry auch noch mit
dessen Tochter Jean (Kristin Rudrud) eher unglücklich verheiratet, nur
an seinem Sohn Scotty (Tony Denman) scheint ihm etwas zu liegen. Jerry
lebt auf großem Fuß und steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Seinen
fiesen Schwiegervater will er nicht um Geld bitten, ebenso wäre es eine
Kränkung, wenn er die Ehefrau um Geld bitten müsste. So entschließt er
sich seine Ehefrau - bequem und ohne Brutalität - entführen zu lassen,
das Lösegeld vom Schwiegervater dann selbst einstecken zu können. Von
seinem vorbestraften indianischen Arbeiter Shep Proudfoot (Steve Reevis)
bekommt er zwei äusserst schräge Galgenvögel vermitteln, die die Frau
kidnappen sollen. Mit denen trifft er sich in einer Bar in Fargo,
übergibt denen ein neues Fahrzeug aus der Werkstatt und mit 40.000
Dollar sind die zwei Schurken bereit zu diesem scheinbar einfachen
Kidnapping-Deal. In Wirklichkeit ist die Summe, die Jerry als Lösegeld
seinem Schwiegervater präsentiert, viel höher: 1 Million Dollar soll der
steinreiche Gustafson locker machen, damit seine Tochter freigelassen
wird. Zuerst funktioniert die Entführung ohne Probleme. Die Frau wird in
den Kofferraum des Wagens gesteckt. Doch auf der nächtlichen Fahrt zu
ihrem angemieteten Häuschen werden die Entführer von einem Streifenwagen
angehalten. Der schweigsame Gaerar Grimsrud (Peter Stormare) hält auch
nicht viel von der nervösen Art seines Komplizen Carl Showalter (Steve
Buscemi) und erschießt den Polizisten auf offener Straße. Ein Auto mit
zwei Teenager fährt zufällig am Tatort vorbei. Das ist leider auch deren
Todesurteil, weil sie von Grimsrud mit dem Auto gejagt werden und in
der Schneelandschaft erschossen werden. Da dies alles in der Kleinstadt
Brainerd passiert, dem Heimatort des sagenumwobenen Holzfällers Paul
Bunyan, muss die hochschwangere Polizeichefin Marge Gunderson (Frances
McDormand), die Ermittlungen aufnehmen...
Und der Zuschauer wird Zeuge ihrer äusserst klugen und weitreichen
Ermittlungen, zwischen ihrer Arbeit kümmert sich Marge auch noch
liebevoll um ihren Ehemann Norm, gespielt von John Carrol Lynch, und
trifft sich mit einem alten Schulfreund. Die Coens haben ein Gespür für
die etwas verschrobenen Menschen, die dort im Bundesstaat Minesota
leben. Diese Landbevölkerung wird von den beiden Filmemacher sehr
liebevoll und respektvoll gezeichnet, dabei kommt aber der Humor nicht
zu kurz. Trotz der spannenden Geschichte, bei der es sehr viele Opfer zu
beklagen gibt, haben die Macher immer wieder Zeit für skurrile Szenen.
Viele davon sind unvergessen, auch die Szene als der Deputy einen
Einheimischen befragt, der die Bekanntschaft mit den beiden Schurken
gemacht hat und dies dem Gesetzeshüter mitteilt, während er vor dem Haus
den Schnee wegschaufelt. Am Ende gucken beide in den Himmel und
orakeln, dass es bald wieder schneien wird. Eine Wucht ist auch Frances
McDormand, die mit William C. Macy einen ebenbürtigen Partner erhalten
hat.
Ich liebe Thriller, die im Schnee spielen und Fargo ist natürlich einer der besten dieser Gattung.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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